Heike Gündling, CEO 21st Real Estate GmbH „Immer neue Apps bedeuten am Ende ein Wimmelbild aus Software-Applikationen. Es befinden sich darunter viele Silos und ein wachsender Zoo aus immer granularerer Software. Die optimale Antwort darauf sind modulare Plattformen, die auf intelligente Weise Einzelapps andocken und diese so effizient managen, wie wir das von unseren Smartphones gewohnt sind.“ Marko Broschinski, Geschäftsführer der easol GmbH „Der Nutzen jeder Digitalisierungsstrategie entsteht erst aus der sinnvollen Datenverbindung unterschiedlicher Experten-Systeme, mit denen die vielfältigen Aufgaben des jeweiligen Fachbereichs erledigt werden können. Jeder Anwender sollte im Ergebnis mit möglichst wenigen Applikationen arbeiten können, weil er die notwendigen Informationen dort passgenau vorliegen hat.“ Dr. Thomas Höhener, Geschäftsführer der Schweizer immopac GmbH „Aktuell bilden sich durch das Zusammenwirken verschiedener reifer Technologien neue Markt- und Wettbewerbsbedingungen. Disruption entsteht nicht durch eine einzelne disruptive Technologie. Sie ist das Ergebnis einer Kombination verschiedener reifer Technologien in bestimmten Konstellationen. Das kann zu Trigger-Effekten führen.“ Richard Gerritsen, Europachef Yardi „Der Fokus liegt auf PropTechs als Wegbereiter der Disruption. Dennoch brauchen wir große Plattformen. Sie optimieren bewährte Technologien und die Entwicklung neuer Services. Die Immobilienbranche muss die für sie akzeptable Balance finden und den Technologiepartner entsprechend auswählen.“ E X P E R T E N S T I M M E N DIGITALE PLATTFORMEN Gerritsen betont: „Unternehmen haben vielfältige Anforderungen, die mit Technologie unterstützt werden müssen. Dieser Bedarf basiert hauptsächlich auf der Verbesserung der Effektivität durch die Verfügbarkeit besserer Managementinformationen und der Effizienz durch die Automatisierung von Prozessen. STUDIE UNTERSUCHTE 24 BESTEHENDE PLATTFORMEN Während ein großer Fokus auf PropTechs liegt, die die Wegbereiter der Disruption zu sein scheinen, besteht ein Bedarf an großen Plattformen, um das Management von Einnahmen und Risiken zu verbessern. Sie stehen für die Optimierung bewährter Technologien und die Entwicklung neuer Services und Einsatzmöglichkeiten innerhalb einer vertrauten Softwareumgebung. Kleinere Plattformen sind möglicherweise disruptiver, werden jedoch fragmentierter und spezialisierter, was eine Herausforderung für den Gesamtbetrieb darstellt. Die Kunden in der Immobilienbranche müssen die für sie akzeptable Balance finden und den Technologiepartner entsprechend auswählen.“ Swisscom – selbst erfahrener Player im Bereich digitaler Geschäftsmodelle – und pom+ als prominentes Beratungsunternehmen in der Immobilienwirtschaft haben in einer Studie mit dem Titel „Digital Real Estate Platforms & Ecosystems. Bedeutung und Potenziale von Plattformen und Ökosystemen in der Immobilienwirtschaft“ eine tiefgreifende Analyse der entsprechenden Geschäftsmodelle vorgelegt. Untersucht wurden 24 verschiedene Plattform- und Ökosystemlösungen entlang des gesamten Lebenszyklus. Im Resümee der Autoren heißt es zum aktuellen Reifegrad von plattformorientierten Geschäftsmodellen in der Immobilienwirtschaft: „In dieser Entwicklung ist die Immobilienvermarktung mit den verschiedenen Immobilienportalen schon weit fortgeschritten. Aber auch im Bereich Property und Facility Management gibt es mittlerweile einige spannende Anbieter vor allem im Bereich Planung und Modernisierung von Liegenschaften. Eine hohe Dynamik zeigt sich auch im Nutzer- und Mietersegment. Hier buhlen neben Mieterplattformen vor allem Anbieter von Plattformen und Ökosystemen aus der Banken- und Versicherungswelt mit Hypothekenberatung und -lösungen sowie Kreditgeber-Cockpits um die Gunst der Kunden. Im Planungs- und Baubereich haben sich neben lange etablierten Ausschreibungsplattformen noch relativ wenige Plattformen und Ökosysteme etabliert. Sehr viel tut sich in der Raumplanung insbesondere im Bereich Analyse des Potenzials von Parzellen.“ Wie sieht die Situation auf Anbieterseite derzeit aus? Macht sich der wohl inzwischen erreichte Gipfel des Immobilienbooms bereits bei der Geschäftsentwicklung bemerkbar? Björn Jüngerkes, CEO der Dr. Klein Wowi Digital AG, beobachtet derzeit noch kein Ende der starken Nachfrage nach Immobiliensoftware. „Über die Zeit wird es in unserer Branche, vor allem unter den PropTechs, zu Konsolidierungen kommen. Wichtig ist, sich als Softwareanbieter auch um die eigentlichen Belange der Kunden zu kümmern. Das bedeutet, dass ein reibungsloser Datenaustausch mit den vorhandenen ERP-Systemen ermöglicht wird und die Kunden bei einer Software-Implementierung an die Hand genommen werden. Vielerorts fehlen den Kunden das IT-Know-how und die Personalkapazität, solche Aufgaben in Eigenregie zu übernehmen. Das berücksichtigen meiner Meinung nach derzeit viel zu wenige Unternehmen.“ Laut Dr. Thomas Höhener, CEO der Schweizer immopac AG, befinden wir uns aktuell in einem Prozess der technologischen Evolution, bei dem durch das Zusammenwirken verschiedener reifer Technologien neue Markt- und Wettbewerbsbedingungen entstehen. Kennzeichnend dabei sei, dass ein relativ kleiner technologischer Fortschritt zu einer großen Veränderung führen kann. „Die Disruption entsteht nicht durch eine einzelne disruptive Technologie, sondern durch eine Kombination verschiedener reifer Technologien.“ 43 · Digital Guide · Real Estate 2023
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